Montag, 24. Oktober 2005
sehr spontan gestern zu sufjan stevens, der nur ein paar tage jünger ist als ich, in die rote fabrik. my brightest diamond als vorband, das zürcher publikum, gesitteter als das tonhalle-publikum, stellt sich dazu exponierängstlich fünf meter von der bühne weg im halbkreis auf. "you are a great audience, we can feel that" schmeichelt dem höflichen zuhören dann schon etwas, aber es muss ja nicht gestagedivet werden, um einen guten eindruck mitzunehmen. last.fm meint, dass die von 16 leuten gehört werden, aber goldspot bringt es auch erst auf 240. sufjan kommt im stars-and-stripes-ganzkörperpijama auf die bühne, ab song 2 dann alle im i(llinoise)-t-shirt und leuchtgelben pulswärmern und jogginghose oder cheerleaderrock. a true american show, die, damit sie nicht verunsichert, vom publikum sofort in die ironieschublade gesteckt wird, denn es kann ja nicht sein, dass man als bush-gegner 25 franken bezahlt hat für eine patriotische schau und das in einer indie-lokation. so klar ist mir das nicht geworden, wieviel davon ironie ist. schliesslich ist ein ehrgeiziges ziel gesteckt: ein album pro bundesstaat, zwei sind bisher erstellt, illinois und michigan. wären geschätzte 500 songs für einen spass mehr, als wenn es ernst gemeint ist? wurstegal, die spielen alle saugut, keine fehler, ein programm, einstudiert von a bis z wie in einer zirkusnummer oder im theater. die lustige akrobatenfamilie macht auch eine menschliche pyramide, während meine neue kamera etwas ziellos im raum rumblitzt und nur hände erwischt. zum abschluss einstudierte umarmungen und händehaltende massenverbeugungen. das problem von eher leisen bands (u.a. mit der obligaten betrunkenen runde, die sich weit hinten im saal während einer fragilen liebeserklärung laut unterhält) wurde mit hyperaktiver bewegung auf der bühne ganz gut gelöst. es glauben ja viele, nicht laut sei auch langweilig. das publikum ist dann auch noch etwas aufgewacht, vielleicht ist das bier ins blut bei den letzten songs. bilder bei flickr, mehr zu sufjan stevens in der taz und der machtdose coming next: rufus wainwright, 17.11.05, fri-son, fribourg Freitag, 14. Oktober 2005
vielleicht lieben männer fussball so, weil es die umkehrung ist von "der eckige muss in die runde". diese tage, als würde man schon ewig in ihnen leben. die nasse scheibe morgens, gerade noch nicht festgefroren, ist kaum trocken zu kriegen und lädt, zusammen mit dem dichten nebel, ein zum auffahrunfall. eine möglichkeit, einen menschen mit emotionen kennen zu lernen, mit dem einen etwas verbindet. ein blatt ansehen und vom sich einstellenden glück träumen, wenn sich dieses und jetzt vom baum löst und schaukelnd oder kreisend zu boden geht. gegen mittag dann die sonne. jemand sagt: "heute ist sie sieben minuten früher hier als gestern." die sonne ist hier. da. dort. Freitag, 7. Oktober 2005
manchmal wandte eines der fohlen jean-marie, der neben dem zaun lag, den kopf zu, sah ihn mit seinem feuchten schwarzen auge an und wieherte fröhlich. jean-marie wurde nicht müde, sie zu betrachten. gerne hätte er die imaginäre geschichte dieser bezaubernden kleinen pferde geschrieben, diesen julitag geschildert, dieses land, dieses gehöft, diese leute, den krieg, sich selbst. er schrieb mit einem armseligen, halb zerkauten bleistiftstummel in ein kleines schulheft, das er an seinem herzen verbarg. er beeilte sich, irgend etwas in ihm beunruhigte ihn, klopfte an eine unsichtbare tür. beim schreiben öffnete er diese tür, brachte das, was zum licht drängte, in schwung. dann verlor er plötzlich den mut, empfand überdruss, müdigkeit. er war verrückt. was tat er da und schrieb törichte kleine geschichten, liess sich von der bäuerin verhätscheln, während seine kameraden in gefangenschaft waren, seine verzweifelten eltern ihn für tot hielten, die zukunft so ungewiss und die vergangenheit so schwarz war? doch während er so grübelte, sah er, wie eines der fohlen munter losrannte, stehenblieb, sich im gras wälzte, die hufe in die luft streckte, sich am boden rieb und ihn mit seinen vor zärtlichkeit und mutwillen glänzenden augen ansah. er suchte nach einer möglichkeit, diesen blick zu beschreiben, suchte sie voller neugier und ungeduld, mit sonderbarer,sanfter beklemmung. er fand sie nicht, verstand aber, was das kleine pferd empfinden musste, nämlich wie gut das frische, knackige gras war! wie unerträglich die fliegen! die freie, stolze luft, wenn es die nüstern hob und losrannte und ausschlug. rasch schreib er ein paar unvollständige, ungeschickte zeilen, aber es taugte nichts, es war nicht das wesentliche, aber das würde schon noch kommen. er klappte das heft zu und blieb endlich regungslos liegen, mit geöffneten händen, geschlossenen augen, glücklich und matt. irène némirovsky, suite française, s. 237/238 es ist kein wald- und wiesenbuch, keines über pferde und keines über unnütze jünglinge. es ist eines über menschen in frankreich während dem zweiten weltkrieg, über ihre flucht aus paris, über die besatzung der deutschen. vorbild dafür ist tolstois krieg und frieden, von den geplanten fünf teilen konnten nur zwei geschrieben werden, da die autorin im august 1942 in auschwitz umgebracht wird. ihre tochter, die das manuskript nach 60 jahren aufenthalt in einem koffer auffand, redet von einem tagebuch, das sie während dieser düsteren jahre geschrieben hat. alle personen, die sie beschreibt und kaum verändert hat, haben wir kennen gelernt. mein urteil bisher: ernst, echt, realistisch und nicht nur gemessen am druck, unter dem es entstanden ist: erstaunlich stark geschrieben. was / ob die zahlreich auftretenden personen alle miteinander zu tun haben - das werde ich noch herausfinden. Sonntag, 2. Oktober 2005
Sonntag, 18. September 2005
hallo deutsche parteien, da ihr jetzt eh mindestens zu dritt müsst, wollt ihr es nicht mal alle zusammen versuchen, konkordant statt konkurrent? reformen gehen so noch langsamer, doch es sind wenigstens alle schuld dran. es können auch alle gewinner sein und an der macht, wie gewünscht. Nächste Seite |
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