Freitag, 24. Januar 2003

friseurgeschichten werden in weblogs gerne erzählt (1/2). wieso das? vielleicht weil man auf fremde, unbefangene menschen trifft, die einen geradezu zwingen, für die dauer einer halben stunde was zu bereden, das über die dimension eines smalltalks mit einer kioskfrau hinausgeht, meist aber auch unter der dimension eines philosophischen gesprächs bleibt. nach der begrüssung wird oft zum klatschheftchen gegriffen, ein titel der sich "frau am wochenende", "frau und leben" oder "wochenfrau" nennt und prinz charles, gloria von, herr wussow und frau tessier zum ungezählten male wiederkäut. wenn man glück hat, dann erwischt man etwas kultiges wie die "neue revue", die, jedenfalls früher, immer hochinteressante reportagen von nackten paaren in deutschland im heft hatte. wer also kein gespräch möchte (als mann bei einer frisöse), der antwortet nur knapp mit "ja" oder "nein", blättert ungeduldig über die königshäuser hinweg, lehnt sich entspannt zurück bei jeder erblickten brust und räuspert sich, dem ohrenschnitt vorbeugend, laut und bestimmt, bevor er die doppel- und dreifachseiten mit beiden händen hochhebt und ausklappt.

einem gespräch kann man aber beim besten willen bei den meisten haareschneidern nicht aus dem weg gehen, es sei denn, man bittet darum, nicht beschwatzt zu werden, was aber sicher als ziemlich unhöflich eingestuft werden wird und bei normalem geschnatterpegel sowieso nichts bringt (und wer will sich schon tatsächlich ins leben des neuen freunds der ex-frau von vertiefen...).

also wird geplaudert: von wo man kommt, das wetter, aktuelles, die üblichen starter halt. der themenstarter jedoch wird in der regel durch eine klatschseite ausgelöst: der arme michael jackson, der hats ja wirklich nicht leicht, aber das mit den operationen, der ist ja schon selber schuld und haben sie das mit dem sauerstoffzelt gehört und das mit dem affen und, nein, ogott, das mit den kindern, da wollen wir gar nicht drüber reden. aber an dieser stelle wirds nicht peinlich, weil das telefon läutet, eine neue kundin zur tür hereinkommt oder die kollegin im richtigen moment was zu fragen hat. es ist überhaupt nie was peinlich in einem friseursalon, schon gar nicht die eigene frisur, ne, die ist gut, auch hinten, ja, gut ausgeschnitten. peinlich wird es einem erst daheim vor dem spiegel, wo man dann erkennt, wie der kopf neu wirklich aussieht. dann traut man sich ein paar stunden nicht mehr aus dem haus, wenn man dann aber tage später keine kleinen haare mehr findet im ohr oder auf dem kissen oder in der badewanne, dann vergisst man, dass man ja blöd und hässlich ist und geht wieder auf die strasse und wenn man die frisöse sieht auf der strasse, auf dem heimweg, dann grüsst man sie freundlich, denn sie sind menschen, die nicht schwierig sind wie die meisten, die selber frisuren haben, die anderen mut machen müssen. ich geh gerne zum coiffeur, aber echt!


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