Montag, 29. Mai 2006

Bei ihnen sind die Symptome: Arroganz gegenüber anderen Autoren und Lesern, versteckt hinter demonstrativ zur Schau gestellter Bescheidenheit. Die Infizierten stehen wie Zeugen Jehovas an den Rändern des Literaturbetriebs. Sie tragen nicht selten die eine oder andere Walserbroschüre bei sich, Heftchen, in denen kurze Geschichten abgedruckt sind von Würsten oder von Nägeln in Wänden, von Taschentüchern, toten Fliegen, Saaltöchtern und deren Schühli, Schneeflocken. Aus den Augen der Fiebernden flackert eine Mischung aus Besessen- und Gelassenheit, Bigotterie und Verzückung. Ihre Gesichter strahlen etwas aufreizend Duldendes aus, hinter dem die impertinente Sicherheit glimmt, den literarisch klarsten Wein zu kennen und alle anderen bemitleiden zu dürfen als arme Wichte, die trübe Brühe saufen. Im Unterschied zu den Zeugen Jehovas wollen sie jedoch niemanden missionieren. Im Gegenteil, sie hüten Walser wie ihren Augapfel. Selbst untereinander hegen sie stärkste Vorurteile und sind meist der Überzeugung, nur sie allein würden ihn richtig zu lesen verstehen.


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