Montag, 7. März 2005
«Wohin!?» Die Schalterbeamtin der SBB versucht es zum dritten Mal. Diesmal in einer Lautstärke, die an verzweifeltes Schreien grenzt. «Orgge!» schreit der Mann zurück und brummt vor sich hin: «E jesi gluva» (bist wirklich taub). Ich kann das nicht mehr mit ansehen, und ausserdem brauche ich dringend selbst ein Billett. «Der Mann will nach Horgen», sage ich entnervt und trete näher zum Schalter. «Ja, ja, Orgge!» ruft der Mittfünfziger erleichtert, dem eine mindestens vierzehnstündige Bus- oder Zugfahrt deutlich anzusehen ist. «Einfach oder retour?!» Die Frau hinter dem dicken Glas behält die Lautstärke. Ich übersetze. Am Schluss erklärt sie noch, von welchem Perron und um welche Zeit der nächste Zug nach Horgen fährt, und schreibt dazu alles noch auf einen Zettel, den sie mit dem Ticket und dem Retourgeld per Drehteller auf die andere Seite schickt. Mein zerknitterter Landsmann steckt alles gehässig in die Seitentasche seines Sakkos, bedankt sich bei mir und sagt mir zum Abschied, dass er seit zwanzig Jahren nach Horgen fahre und selber wisse, wann und von welchem Perron der Zug starte. «Sie sprechen aber gut Deutsch!» sagt die Frau von der SBB, unverändert laut. Ich erwidere: «Sie auch, nur ein wenig zu laut», und lächle. aufklärung zum sammelbegriff jugo im heute erscheinenden nzz folio |
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